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Stadtporträt
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Regulierung der Else (Fluss) im Bünder Stadtgebiet Flussbadeanstalt Bünde - Ennigloh

Die Else entspringt mit ihrem Schwesterfluss, der Hase, im Teutoburger Wald. Sie berührt die Städte Melle am oberen und Bünde am unteren Flusslauf und mündet in der Nähe von Kirchlengern bei Bünde in die Werre, einen größeren Nebenfluss der Weser. In normaler Zeit ist die Else ein bescheidenes Flüsschen, überflutete aber oft das angrenzende Land in weitem Umfang. Besonders die Winterhochwässer waren von den Ortschaften, die der Fluss berührt, gefürchtet. Aber auch die Sommerhochwässer waren gefährlich und haben nicht selten die Ernte der im alten Bruchland entstandenen Wiesen vernichtet.

Jedes große Hochwasser wirkte sich in der geschlossenen Stadtlage besonders schwer aus. Die Häuser an der unteren Bahnhofstraße wurden größtensteils mehr oder weniger schwer in Mitleidenschaft gezogen. Auch verschiedene Fabrikgrundstücke wurden regelmäßig betroffen. Bei dem Hochwasser in der Neujahrsnacht 1925/26 waren die Tabakfabrik Schürmann und die Kistenfabrik Rosenbaum völlig vom Straßenverkehr der erhöhten Bahnhofstraße abgeschnitten. Wertvolle Materialien wurden beschädigt oder vernichtet. Bis zur Wasserbreite in Bünde und zur Wilhelmstraße in Ennigloh dehnte sich das Hochwasser aus. Auch in der Klinkstraße und besonders in der Ortstraße wurden die Hochwasserfolgen gespürt. Viele Keller mussten vom Wasser befreit werden. Dabei wurden immer beträchtliche Werte vernichtet, weil bei der Plötzlichkeit, mit der die Flut kam, nichts mehr geborgen werden konnte.

Die fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft des Elsetals legte daher den Gedanken einer Regulierung des Elseflusses nahe. Die damalige Königliche Generalkommission hatte als erste einen Plan zur Regulierung der Else ins Auge gefasst. Mit der Durchführung der Verkoppelung im Bünder Stadtgebiet in den 1890-er Jahren tauchte dieser Plan auf. Erst nach dem 1. Weltkrieg wurden die Pläne einer Regulierung der Else wieder aufgenommen und zwar nicht nur für die untere Else, die dem Kreis Herford angehört, sondern auch für den oberen Teil der Else, der den Kreis Melle durchfließt.
Die Arbeitslosigkeit im Kreis Herford übertraf im Jahre 1925 alle Kreise des preußischen Staates. Besonders die hier in Bünde überwiegende Tabak- und Zigarrenindustrie war stark davon betroffen. Die Elseregulierung erschien als eine Maßnahme von bedeutendem volkswirtschaftlichen Wert, die sich als Notstandsarbeit vorzüglich eignete.

Geplant war gegen Sommerhochwässer eine Regulierung von der Einmündung der Warmenau, welche die Kreisgrenze gegen den Kreis Melle bildet, bis zum Bünder Stadtgebiet und außerdem innerhalb des Stadtgebietes gegen Winterhochwässer eine beiderseitige Eindeichung. Dieses große Projekt scheiterte aber bei einer einberufenen Genossenschaftsversammlung am 25. Mai 1926.

Am 15. Juni 1926 beschloß die Stadtverordnetenversammlung einstimmig die Durchführung des Bünder Teilprojektes, das die Regulierung auf die im Stadtgebiet liegende Strecke der Else beschränkte. Die Sachbearbeiter des Landwirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums bedauerten das Scheitern des größeren Proktes, stellten aber Beihilfen auch für das kleinere im gleichen Verhältnis in Aussicht.

Das neue Projekt entsprach in vollem Umfang dem älteren. Eine Änderung war nur insofern notwendig, als das neu regulierte Gebiet gegen das mittlere Elsetal durch einen Querriegel, die erhöhte Burgstraße, abgeschlossen werden musste. Vor diesem neuen Deich musste der das eingedeichte Polder quer durchfließenden Sunderbach, der auch die Ursache mancher Überflutungen gewesen war, abgefangen und unmittelbar in die Else eingeleitet werden. In dem ursprünglichen Projekt war beabsichtigt worden, den Sunderbach zu verrohren und bis zur unteren Else über das Regulierungsgebiet hinaus fortzuführen. Dieser Plan war vom Landwirtschaftsministerium als zu kostspielig abgelehnt worden. Stattdessen war an der Mündung des alten Sunderbachflussbettes ein Schöpfwerk vorgesehen mit der Bestimmung, das sich in dem Graben ansammelnde Wasser bei hohem Wasserstande in die Else überzupumpen.

Es verging jedoch noch viel wertvolle Bauzeit, ehe die Entscheidung über das Ausbaurechts für die Else genehmigt wurde. Man musste sich auf Herbst- oder Winterarbeit bereits einstellen. Am 27. September 1926 hatten die Arbeiten bei günstigem Bauwetter begonnen. Aber schon bald mussten die Arbeiten unterbrochen werden, da am 16. Oktober ein sehr plötzliches und heftiges Hochwasser eintrat, das für die Else durchaus charakterisch war. Es gelang dem Unternehmer nicht, die frisch gerodeten Baumstämme und das Strauchwerk rechtzeitig beiseite zu schaffen. Auch die Maßnahmen zur Bergung des Geräts genügten nicht. Das Hochwasser nahm über Erwarten schnell zu und trieb Material und Arbeitsgerät flussabwärts zum Mühlenwehr der Elsemühle. Schon wenige Tage danach, nachdem die Arbeit wieder aufgenommen war, setzten erneut Niederschläge, ja sogar ein zeitiger starker Schneefall ein und wieder mussten die Arbeiten unterbrochen werden.

Bald stellte sich heraus, dass die finanziellen Schwierigkeiten der beauftragten Firma für die Stadt als Unternehmerin unerträgliche Folgen hatte. Die Arbeiten wurden einer anderen Firma übertragen. Aber auch jetzt konnten nur langsame Fortschritte erzielt werden. Der ursprünglich gesetzte Endtermin für diesen ersten Abschnitt, der 31. März, wurde erheblich überschritten. Man war aber in Anbetracht der wirklich ungünstigen Witterungsverhältnisse geneigt, Nachsicht zu üben. Die Rücksicht auf die Bestimmungen der produktiven Erwerbslosenfürsorge verlangte jedoch eine andere Teilung der Bauabschnitte, da die Förderungsfrist der Notstandsarbeit am 31. März mit dem Schluss des Rechnungsjahres ablief.

Eine Verlängerung der Förderungsfrist, vom 1. April 1927 bis 28. Februar 1928, wurde als zweiter Bauabschnitt angesehen. Die restliche Bauzeit von März 1928 an wurde als neue Notstandsarbeit gefördert und war als dritter und letzter Bauabschnitt zu betrachten.

Die Vergabe der Arbeit für den Sommerabschnitt war die entscheidende Frage. Das zweite Baulos sollte die ganzen restlichen Arbeiten, also in der Hauptsache den Abschnitt zwischen der Bolldammbrücke und Eschenbrücke, umfasssen. Für den Abschnitt oberhalb der Brücke kam jedoch noch eine neue beachtliche Teilarbeit hinzu, da sich die Stadt Bünde mit der Nachbargemeinde Ennigloh zwecks gemeinsamer Einrichtung eines Elseflussbades geeinigt hatte. Die alte Badeanstalt, zwischen Bolldammbrücke und Bismarckbrücke gelegen, musste infolge der Veränderung des Flusslaufs verschwinden und war zweckmäßig an einen Platz zu verlegen, der oberhalb der Stadt gelegen war und genügend Raum bot, um ein weites Vorgelände für den Luftbadebetrieb schaffen zu können. Die wesentliche Erbreiterung des Flusses für die neue Badeanstalt wurde also noch in den zweiten Bauabschnitt einbezogen.

Die Arbeiten gingen weiterhin sehr schleppend voran. Trotz Einstellung mehrere neuer Arbeitskräfte aus der Erwerbslosigkeit und Erhöhung des Lohnes konnte die Arbeitsmoral nicht geändert werden. Auch das Aufsichtspersonal versagte dabei. Bei einer Besichtigung der Arbeiten durch den Vorsitzenden des Kulturbauamtes wurde festgestellt, dass das Arbeitstempo nicht genügte, um schwere Schädigungen durch die Winterhochwässer zu verhüten. Es entstand der Eindruck, dass die Firma ihren Aufgaben nicht gewachsen war. Auch die Einschiebung einer zweiten Schicht hatte nicht den gewünschten Arbeitserfolg. Die Arbeit trug sich infolge der ungeschickten Arbeitsweise nicht selbst, und die laufenden Lohnzahlungen konnten infolgedessen von der örtlichen Baustelle nicht mehr bestritten werden. Die Firma wurde daher Woche für Woche vorstellig wegen einer Bezahlung von Vorschüssen auf die Restarbeiten, um an den Lohnzahlungsterminen flüssig zu sein. Da von der pünktlichen Lohnzahlung die Arbeitswilligkeit abhing, und bei der Teilweise stark hervortretenden Unzufriedenheit die Abwanderung auch brauchbarer Kräfte zu befürchten war, zeigte sich die Stadt nachgiebig. Im November wurde die weitere Zahlung von Vorschüssen abgelehnt, da ihre spätere Abdeckung bezweifelt werden musste. Daraufhin legte die Firma am 6. November die Arbeit nieder und hinterließ die Arbeitsstelle in einem Zustande, die jedem neuen Beauftragten die Arbeit wesentlich erschweren musste.

Schon fünf Tage später konnte ein Tiefbauunternehmen aus Stift Quernheim, das als vertrauenswürdig bekannt war, als Nachfolger gewonnen werden. Für eine erneute Ausschreibung blieb keine Zeit, da noch einige Arbeiten vor dem bevorstehenden Wintereinbruch erledigt werden mussten. Zunächst musste der linksseitige Deich, zwischen Bolldammbrücke und Bismarckbrücke, fertiggestellt werden, da er bei erneutem Hochwasser besonders gefährdet war.

Die Notstandsarbeit dieses größten Bauabschnitts 1927/28 umfasste 13.650 förderungsfähige Tagewerke. In den 11 Monaten der Bauzeit wurden somit im Durchschnitt täglich 50 unterstützungsberechtigte Arbeitslose beschäftigt.

Der letzte Bauabschnitt wurde wieder an die Firma aus Stift Quernheim durch ein Baulos vergeben. Der Hauptbestandteil dieses Bauabschnittes bestand in der Aufschüttung des rechtsseitigen Deiches zwischen Bolldammbrücke und Eschenbrücke.

Die Erdarbeiten waren im Juli im Wesentlichen beendet. An der Badeanstalt war man noch mit Zimmermannsarbeiten beschäftigt. Anlieger-Waschstege, zu der die Stadt verpflichtet worden war, wurden angelegt. Im Spätsommer wurde ein Teil der Deiche, soweit sie in 3 m-Kronenbreite angelegt waren, zum Begehen freigegeben. Für die Stadt wurde auf diese Weise ein schöner Promenadenweg längs des Flusses geschaffen, der sich allgemeiner Beliebtheit erfreute und bei dem Mangel geeigneter Spazierwege in der Stadt einem besonderen Bedürfnis entsprach. Dieser schöne und beliebte Weg hatte wesentlich dazu beigetragen, dass die kritischen Stimmen, die anfangs sich gegen die Elseregulierung aussprachen, mehr und mehr verstummten.

Flussbadeanstalt Bünde - Ennigloh
Die bestehende Flussbadeanstalt Bünde-Ennigloh musste im Zuge der Elseregulierung geändert werden. Als neuer Badeplatz konnte kein Platz unterhalb der Brücke in Frage kommen. Das war schon aus hygienischen Gründen ausgeschlossen, weil immer noch einige nur verhältnismäßig primitiv geklärte Hausabwässer vor der alten Badeanstalt in die Else einmündeten. Ferner befand sich das Schöpfwerk oberhalb des altes Badeplatzes und auch das Wasser des Sunderbaches, dass mittelst des Schöpfwerks ausgepumpt werden sollte, war selbst bei Regenwetter nicht ganz sauber. Für ein Bad kam nur das saubere Flusswasser weiter oberhalb der Stadt in Betracht.

Hier besaß die Stadt an der Einmündung der alten Else bereits einen kleinen Platz, der für die eine Flussbadeanstalt in Aussicht genommen war. Auch die Gemeinde Ennigloh besaß nur wenig oberhalb einen Badeplatz, der zu einer Flussbadeanstalt ausgebaut werden sollte. Mit der Nachbargemeinde gelang es, eine Einigung über gemeinsames Vorgehen zu erzielen. In diesem gemeinsamen Schaffen wurde etwas Gutes und Vorbildliches geleistet.

Die Stärke der Strömung bei der Einmündung der alten Else war für die Schwimmer willkommen. Die schwächere Strömung oberhalb kam den Kindern und Nichtschwimmern zugute. Außerdem fand sich hier am Ufer auch noch ein gutes Sandvorkommen, das sich als Badestrand besonders eignete.
Den Schwimmern wurde im Flussbett und einer vertieften Schwimmbahn auf beiden Seiten des Flussbettes eine ausreichend lange und gerade Schwimmbahn von über 100 Metern zu Verfügung gestellt. Eine Ausbuchtung des Flusslaufes diente zur Schaffung der geringeren Tiefe für die Nichtschwimmer und Kinder. Am Ende der Schwimmbahn wurde auch eine Sprunggrube und ein 5 m hoher Sprungturm errichtet. Hinter dem weiten, sonnigen Vorgelände erhob sich die Umkleidehalle nebst den nötigen Nebeneinrichtungen, wie Kasse und Garderobe.

Ende Juli 1928 konnte das Bad seiner Bestimmung übergeben werden und die zwei folgenden schönen Spätsommermonate konnten noch gut genutzt werden. Im Jahr 1929 erwies sich die Badeanstalt für die gesamte Bevölkerung Bündes und der Nachbargemeinden Ennigloh, Hunnebrock und Spradow als ein großer Gewinn. Die Zahlen des ersten Badeberichtes sprechen für sich. Fast 50.000 Besucher wurden gezählt, rund 34.000 Personen hatten Dauerkarten, die übrigen Tageskarten.

Dr. Moes bemerkte in einer Denkschrift zur Elseregulierung folgendes: „Die Elseregulierung bedeutet in ihrem Gesamtwert von fast einer Million, ja, einschließlich der Badeanstalt von über einer Million, für die kleine Stadt von knapp 6.500 Einwohnern ein ganz gewaltiges Werk, ein Werk, das vor der Zukunft bestehen kann. Die Kommunalgeschichte der Stadt Bünde wird in ihm einen Markstein der Stadtentwicklung sehen. Diese Zukunftshoffnung tröstet etwas über die Missgeschicke während der Bauzeit und die durch widrige Umstände hervorgerufenen Mehrkosten hinweg. Die Bedeutung des Werkes hebt sich hoch über die geschilderte sozialpolitische Gegenwartsleistung hinaus. Erst künftige Generationen werden den vollen Wert dieser Arbeit ermessen können, zu einer Zeit, wenn die Opfer, die jetzt gebracht werden mussten, kaum noch zu spüren seine werden. Hierzu in schwerster Notzeit opfermutig und zukunftssicher die Vorbereitung geschaffen zu haben, ist das außerordentliche Verdienst der städtischen Körperschaften, die das Werk beschlossen und gefördert haben."

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